23.10.2024 :: René H. Bartl
Vorwort:
Die Erläuterungen zu den fünf Standbeinen sind bewusst kurzgefasst. Von meiner Seite besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit. Die Differenzierungen zu den einzelnen Standbeinen überlasse ich gerne den geneigten Lesern und Leserinnen. Meine Lebenserfahrung und meine Erfahrungen als Vater, Grossvater sowie aus 48 Berufsjahren in Heimen, in der eigenen Beraterpraxis, in der Kinder- und Jugendarbeit, drängt mich einige aktuelle Themen anzusprechen. Es wäre anmassend, eine allseits gültige Definierung zu den einzelnen Themen festzuhalten. Ich beschränke mich daher nachfolgend auf eine Diskussionsanregung und stelle mich für Gespräche auch gerne zur Verfügung!
Einleitung:
Kinder und Jugendliche werden in eine Zeit und in eine Gesellschaft hineingeboren, die sie selbst nicht geschaffen und zu verantworten haben. Die Verantwortung dafür tragen ihre Vorfahren (Eltern, Grosseltern, Urgrosseltern, etc.). Ebenfalls in der Verantwortung steht die Politik, die Wirtschaft und die Gier nach Reichtum und Macht! Es gibt viele junge Menschen, die sich in diese aktuelle Welt integrieren können. Andere hingegen werden mit Tatsachen konfrontiert, welche in ihnen Verunsicherung und Angst auslösen. Sie protestieren, demonstrieren und beginnen damit ihre Not in die Öffentlichkeit zu tragen. Dass es auch zu Gewalt und Beschädigungen führt, ist nicht zu entschuldigen, aber bei genauerem Hinsehen zu verstehen. Diese jungen Leute für ihr Verhalten zu verurteilen, steht den Verantwortlichen nicht zu. Besser wäre es, wenn über vorhandene Aggression, Wut, Unsicherheit, Existenzängste, etc. nachgedacht würde oder wir sie darüber befragen sollten. Einsichtiges Nachdenken würde möglicherweise dazu führen, dass sich die Gesellschaften über ihre Verantwortungen bewusster würden und in vielen Situationen einsichtiger Entscheiden und Handeln würden. Mit Gewalt gegen Gewalt vorzugehen, hat noch nie zur Versöhnung und zu gegenseitigen Verständnis geführt. Das wissen wir, wenden diese in unserer Hilflosigkeit aber immer wieder an. Wissenschaft und die Forschung weisen auf Entwicklungen hin, auch in den öffentlichen Medien wird berichtet. Ich frage mich nur, warum diese begründeten Aussagen und Warnungen nicht oder nur ungenügend gehört, verstanden und nachvollzogen werden.
Inzwischen erleben wir sogar „Parent Battering“, zu deutsch „Misshandlung von Eltern durch ihre Kinder!“
Das erste Standbein eines Kindes ist die Familie:
Die eigentliche Lebensschule der Kinder obliegt in erster Linie den Eltern, resp. der Familie. Ich stelle fest, dass in unserer aktuellen Gesellschafts- und Weltsituation, trotz grossen Bemühungen, viele Eltern überfordert sind, ihre erzieherischen Aufgaben, von der Geburt weg, kindsgerecht auszuführen. Dafür gibt es viele Gründe!
Die Fähigkeit und der Wunsch Kinder zu Zeugen und zu Gebären ist etwas Urtümliches und steht, auf eigenes Begehren, grundsätzlich jedem Menschen zu. Eine wesentliche Frage ist jene der Konsequenzen, die damit übernommen werden müssen. Natürlich ist es schön ein Kind oder Kinder zu haben. Verbunden ist damit eine Verantwortung über einen Zeitraum von ca. 20 Jahren (pro Kind). Darüber sind sich viele junge Eltern zu wenig bewusst. Im Mittelpunkt steht nicht mehr das eigene Ego, sondern die Aufgabe als Vater oder Mutter, resp. bei gleichgeschlechtlichen Paaren der Eltern oder bei alleinerziehenden Eltern dem zuständigen Elternteil. Kinder haben und erziehen ist auch mit Verzicht verbunden. Eigene Bedürfnisse der Eltern werden dabei oft in den Hintergrund gestellt. Nicht der Verzicht auf alles, aber die Konzentration auf das Wichtigste und Notwendigste, steht im Mittelpunkt.
Ich stelle gerne die Behauptung in den Mittelpunkt, dass alle zeugungs- und gebärfähigen Menschen, resp. alle Eltern die Kinder erziehen wollen, im Grunde ihres SEINS gute Väter und gute Mütter sein wollen. Verschiedene Umstände fördern oder verhindern zu einem gewissen Zeitpunkt oder wegen besonderen Umständen diese Absicht. Gesundheitliche, ererbte, partnerschaftliche, existenzielle (Arbeitsplatzsicherheit oder Arbeitsplatzverlust) und andere Probleme, treten oftmals unerwarteterweise und unvermittelt auf. Wir leben in einer Zeit der Verunsicherung und der Überforderung. Die daraus entstehenden Konsequenzen wirken sich auf die Energie und Kraft der Eltern unterschiedlich stark aus. Zunehmend können Eltern mit der Erziehung ihrer Kinder überfordert sein. Reaktionen sind oft übermässige Kontrollen, Härte, Vernachlässigung etc. Gewalt ist dabei ein untaugliches Mittel, weil damit die Hilflosigkeit oder die Ohnmacht der Erziehungsperson bewiesen wird. Das Kind hat seine Macht ausprobiert und fühlt sich als siegreich.
Wie mache ich es richtig? Diese Frage wurde mir als Sozialpädagoge, Heimleiter und Berater immer wieder gestellt. Bin ich zu hart? Bin ich zu nachgiebig? Wie verhalte ich mich in besonderen Situationen? Solche Fragen können nur beantwortet werden, wenn die Hintergründe und Voraussetzungen seriös analysiert worden sind. Was aber ganz sicher ist, Kinder benötigen einen Raum, in dem sie Grenzen austesten und erfahren können. Sie dürfen aber nie (wie Kaiser oder Kaiserinnen) die Eltern oder die Familie dominieren. In den letzten Jahren hat die Gewalt von Kindern an ihren Eltern stetig zugenommen. Genaue Zahlen gibt es nicht, denn viele Eltern schämen sich ab dieser Tatsache. Im Gegensatz zum Thema „Gewalt von Eltern an ihren Kindern!“, gibt es wenig verbindliche Studien oder Artikel darüber. Es ist immer noch ein absolutes Tabuthema.
Der „Beobachter“ veröffentlichte am 30. Dezember 2009 einen Artikel von Markus Föhn, darin ist unter Anderem zu lesen:
„Wie viele Fälle es von Elternmisshandlung in der Schweiz gibt, weiss niemand. Gewalt in der Familie findet hinter zugezogenen Vorhängen statt, die Opfer scheuen die Öffentlichkeit – vor allem bei «Parent Battering», wo es Erwachsene sind, die den Schlägen ihrer eigenen Kinder ausgesetzt sind, ihrem Beissen, ihrem Kratzen, ihren Beschimpfungen und ihren Drohgebärden. «Dieses Thema ist ein grosses Tabu», sagt Adriana Grigioni vom Elternnotruf in Zürich, die jährlich in rund 150 Fällen von Elternmisshandlung Betroffene berät. «Misshandelte Eltern schämen sich, manche kommen sich als Versager vor, unfähig, die eigenen Kinder zu erziehen. Sie versuchen, ihre missliche Lage unter dem Deckel zu halten.»
Nur wenige Forscher haben sich bislang dem Phänomen der Elternmisshandlung angenommen. Mehrere US-Studien gehen davon aus, dass 9 bis 14 Prozent aller Eltern irgendwann von ihren jugendlichen Kindern physisch angegriffen werden. Inwieweit diese Zahlen auf die Schweiz übertragbar sind, ist strittig. In den meisten anderen Punkten aber pflichten Schweizer Fachleute ihren US-Kollegen bei: Opfer der Übergriffe sind eher Mütter als Väter, Täter sind häufiger Knaben als Mädchen. Und: Elternmisshandlung beschränkt sich nicht auf ein spezielles Milieu. Es gibt zwar Anzeichen dafür, dass alleinerziehende Elternteile öfters das Ziel von Angriffen sind und dass Kinder, die im Haushalt Gewalt erleben, selbst auch zu Gewaltanwendung neigen. Die soziale Schicht jedoch spielt keine Rolle, ebenso wenig das Bildungsniveau oder der kulturelle Hintergrund.“
Die deutsche „Wunderweib Redaktion“, veröffentlicht im Artikel vom 28.11.2017 zum Thema Gewalt gegen Eltern: „Wenn Kinder ihre Eltern schlagen!“
„Am Anfang sind es Beschimpfungen. Dann wird gedroht. Schliesslich beginnen die Tritte, das Schubsen, das Schlagen. In der Fachsprache „Parent Battering“ genannt, bezeichnet das „Fertigmachen“ der Eltern eine Form von Gewalt, die von Kindern ab acht Jahren ausgeübt wird. Dementsprechend hat sie nichts mit der Trotzphase zu tun, in der Kinder zwischen dem zweiten und dem sechsten Lebensjahr ihre Grenzen austesten, und ist auch nicht mit dem rebellischen Verhalten von Pubertierenden vergleichbar. Beim Elternmissbrauch geht es um eine Umkehr der Hierarchie, das Kind wird Chef der Familie. Diese Rolle ist für die meisten Kinder überfordernd, gleichzeitig, aber sehr reizvoll.
Parent Battering ist immer noch ein Tabuthema in Deutschland
Kinder, die ihre Eltern misshandeln, sind keine Seltenheit in Deutschland: Laut Expertenschätzungen sind acht bis 15 Prozent der Familien betroffen, wobei die Dunkelziffer als weitaus höher eingestuft wird. Mütter und Väter reden aufgrund von Schamgefühlen selten darüber, das Thema wird immer noch tabuisiert. Stattdessen versuchen Eltern oft alles, um die Illusion einer harmonischen Familie aufrechtzuerhalten.“
Aussen Einflüsse haben einen Einfluss - ja. In erster Linie sind hingegen die Familie und ihr System für die Entwicklung ihrer Kinder verantwortlich. Es brauch viel Kraft, Ausdauer und Energie, vielfältig sind die Gründe, weshalb diese nicht (mehr) vorhanden sind.
Ich frage mich, was für eine Generation wächst da heran? Neben massgebenden Themen wie Geschlechteridentifikation, künstliche Intelligenz (KI), allgemeine Computerisierung, Weltgeschehen, Flüchtlingsbewegungen, Fremdenfeindlichkeit, Veränderungen in der Natur etc. sind sie mit derart vielen verunsichernden Themen konfrontiert, dass mit unruhigeren Zeiten oder gar einer Zeitenwende gerechnet werden muss.
Das zweite Standbein eines Kindes ist die Schule:
Die Schule ist in erste Linie der Ort der Bildung und beeinflusst als solche die Erziehung der Kinder. Sie ist aber nie ein Ort, der stellvertretend für die Eltern deren Ausgabe übernehmen muss. Gerne wird der Sündenbock ausserhalb der Familie gesucht. Die Schule bietet sich dafür vorzüglich an. Ich stelle fest, dass der Schule inzwischen zu viel Verantwortung für ein Fehlverhalten eines Kindes zugeordnet wird. Schule und Eltern müssen ein Team mit individuellen und denselben Interessen sein. Zusammen sind sie dafür verantwortlich, dass sich die Kinder für eine eigenverantwortete und selbst bestimmte Zukunft vorbereiten können. Zunehmend wird das Bildungsniveau und die Berufsausbildung einen wichtigen Stellenwert haben. Sogenannt einfache Tätigkeiten werden zunehmend wegrationalisiert, was besonders Eltern mit Kindern, denen eine höhere Bildung nicht angedeiht, in Angst und Unsicherheit versetzt. Ich neige zu sagen: "Es gibt gescheite Menschen und schlaue Menschen - die schlauen Menschen kommen weiter!" Damit will ich bedeuten, dass die Lebens- und Existenzfähigkeit eines Menschen nicht ausschliesslich von seiner Intelligenz abhängt. Wobei "Intelligenz" ein umfassender zu definierender Begriff ist. Ein vielseitiger Mensch, der sich sehr kreativ und interessiert auf dem Arbeitsmarkt bewegt, hat auch heute durchaus Chancen, sich eine gute Existenz zu sichern. Zunehmend ist erfahrbar, dass das Verhalten der Kinder rauer wird (gemäss auch der gesellschaftlichen und weltpolitischen Entwicklung). Verbale Ausfälligkeiten und physische Attacken gegen Lehrpersonen häufen sich. Überforderte und von Burnout betroffene Lernpersonen nehmen zu. Dass sich inzwischen auch Eltern gegen die Lehrpersonen stellen, ist eine zusätzliche Belastung.
Ich denke, dass das gesamte Schulsystem mit ihren unterstützenden und begleitende Massnahmen, resp. mit ihren Sanktionsmöglichkeiten neu überdacht werden muss.
Es gibt viele Fragen, die sich dem Zeitgeist entsprechend stellen. Ist das heutige Schulsystem noch praktikabel? Ist Frontalunterricht eine angemessene Schulform? Sind Schulklassen mit 20 bis 30 Kindern und Jugendlichen nicht zu gross? Kann eine Lehrkraft in einer grossen Klasse ein einzelnes Kind erkennen und individuell fördern? Wie können Lehrpersonen mit aggressiven, fordernden oder unkonzentrierten Kindern und Jugendliche umgehen? Sind ADS und ADHS bequeme Ergebnisse von schulpsychologischen Untersuchungen oder sind nicht differenziertere Resultate adäquater (Soziales Umfeld, Traumata, Hochsensibilität, Hochintelligenz etc.). Was haben Schulen und Lehrkräfte für Instrumente zur Zusammenarbeit oder Sanktionierung aggressiver Eltern? U.v.A.m!
Das dritte Standbein eines Kindes ist die Jugendarbeit:
Sehr wichtig im Leben eines Kindes ist seine Freizeitgestaltung. Leider und gleichzeitig zu Recht, gibt es ein kaum überschaubares Angebot. Jedes Kind kann sich sein beliebtes Tätigkeitsfeld aussuchen. Das ist aber gar nicht so einfach und hängt oftmals auch von der Förderung der Eltern und vom Umfeld des Kindes ab. Eine Zersplitterung in viele und oft wechselnde Freizeiträume können negative Auswirkungen, z. B. auf die Orientierung eines Kindes oder die schulischen Leistungen, haben. Besser weniger Aktivitäten korrekt ausüben als viele oberflächlich! Ob Sport, Musik, Gesang, Jugendgruppen, Wölfli/Pfadfinder, oder andere Aktivitäten, gut ist sicher, wenn sich das Kind in der Freizeit für etwas Besonderes begeistern kann. Für die Psyche und die Seele ist das sich Bewegen in einer selbst bestimmten "Wohlfühlatmosphäre" mit selbstgewählten andern Kindern und Jugendlichen sehr förderlich.
Eine wichtige Aufgabe übernimmt dabei die offene Jugendarbeit. Sie ist ein Begegnungsort, an dem sich Kinder und Jugendliche entweder spontan oder regelmässig treffen können. Es gibt keinen Mitgliederbeitrag und keine Verpflichtung. Diese Freiwilligkeit gibt den Kindern und den Jugendlichen die Möglichkeit des Rückzuges in einen geschützten Rahmen oder die Chance sich an einem ausgewählten Projekt zu beteiligen. Die Jugendarbeit bietet vielfältige Angebote an, die genutzt oder ausgelassen werden können, je nach Bedarf. In Schwarzenburg zum Beispiel hatten sich zwei Burschen ein zusätzliches Taschengeld mit dem Reinigen der Räume verdient. Die Eltern waren informiert und die Jugendlichen stolz darauf eine wichtige Aufgabe übernehmen zu dürfen. Kinder und Jugendliche die einen weiter Schulweg haben, nutzten die Räume der Jugendarbeit (vor allem im Winter) über Mittag und assen ihre mitgebrachten Verpflegungen oder redeten und spielten mit andern Anwesenden. Es gibt eine Zeit, in der einzelne Jugendliche die Angebote der offenen Jugendarbeit öfters und regelmässiger nutzen und andere Zeiten, in denen sie anderweitig engagiert sind. Bei den Öffnungszeiten sind immer die Mitarbeitenden der Jugendarbeit anwesend. Sie haben ein Ohr für grössere und kleinere Probleme, geben Hilfestellungen und einen geschützten Rahmen.
Der Bund, die Kantone, die Gemeinden, die Kirchen, die Vereine und andere Trägerschaften unterstützen und fördern die Jugendarbeit. Die Löhne werden auch von diesen Gremien bezahlt, damit die Eltern in Bezug auf die Finanzierung unbelastet sind. Der Vorstand garantiert die Sicherheit und die Strukturen für die Jugendarbeitenden. Diese professionelle Aufteilung zwischen operativer und strategischer Ebene garantiert ein seriöses Umfeld.
Nachdem ich mich bereits von 1982 bis 1994 in der Jugendarbeit in Münchenbuchsee, als Projektleiter, Gründungspräsident und Präsident, engagierte, war ich ab 2018 auch Präsident vom Verein Jugendarbeit Region Schwarzenburg (VJRS – Schwarzenburg/Guggisberg/Rüschegg). In dieser Funktion konnte ich meine jahrzehntelange Erfahrung direkt an der Basis (dem Vorstand und den Jugendarbeitenden) weitergeben. Infolge des von mit initiierten Zusammenschlusses mit der Jugendarbeit in Riggisberg, trat ich 2020 zurück.
Nach dem Zusammenschluss sind der „Kinder- und Jugendfachstelle Region Gantrisch“, unter dem Namen „Boxfish“, neun Gemeinden angeschlossen: Burgistein, Guggisberg, Kaufdorf, Riggisberg, Rüeggisberg, Rüschegg, Schwarzenburg, Toffen und Thurnen.
Auf der Homepage (ww.kjfa-gantrisch.ch) ist derzeit zu lesen:
Herzlich willkommen bei der Kinder- und Jugendfachstelle
Unser Ziel: Starke Kinder, Jugendliche und Familien. Dafür bieten wir passende Freizeitangebote im Bereich der Jugendarbeit und Unterstützung im Kontext Schule im Bereich der Schulsozialarbeit. Im Fokus stehen dabei stets die Ziele, Stärken, Bedürfnisse, Themen, Fragen und Herausforderungen von jungen Menschen.
Ob Abenteuerlager, Jugendjöbbörse, Zirkuswoche, Beratungs- oder Unterstützungsangebote, Jugendträffs oder Ferienkurse: Hier erfährst du mehr über uns, unsere Angebote, aktuellen Events oder wie Du dich aktiv beteiligen kannst.
Eltern tun gut daran, ihre Kinder und Jugendlichen zur Teilnahme und zu einem Engagement zu motivieren. Einerseits finden altersgerechte Begegnungen statt, andrerseits entlastet es die Eltern. Wichtig ist, dass sich für die Aktivitäten ihrer Kinder interessieren und diese dabei unterstützen. Kontakte mit den Leitungspersonen sind von grossem Vorteil.
Das vierte Standbein eines Kindes ist die Fremdplatzierung:
Jedes Kind ist das Produkt seiner Herkunftsfamilie. Das ist keine Beschuldigung, sondern eine Tatsache die anerkannt und respektiert werden muss. Sehr bedeutungsvoll sind dabei die ersten drei Lebensjahre, da sind Menschen lernfähiger als sonst im Leben. Danach bis zum siebten Altersjahr wirkt jene Erziehung, deren „Produkt“ wir später begleiten, führen, tragen und ertragen müssen. Wichtig ist auch zu respektieren, dass Kinder die adoptiert oder aus andern Gründen nicht von den eigenen biologischen Eltern erzogen werden, darüber Bescheid wissen. Wie kann ein Mensch zu sich selbst finden, wenn er die Gene seiner biologischen Eltern nicht kennt. Bei später Erkenntnis können gute Beziehungen brechen, weil das Kind oder Jugendliche sich über Jahre betrogen vorkommt.
Wenn das soziale Umfeld durch interne Konflikte, Trennung, Scheidung oder einem tragischen Todesfall eines Elternteils zerbricht oder ein Kind darin nicht mehr tragbar ist, kann via KESB und Sozialdienst Hilfe angefordert werden. Dies vor allem dann, wenn die Lehrerschaft, die Schulsozialarbeit, die Schulpsychologie oder das Jugendgericht dies als angezeigt erachtet. Eine Fremdplatzierung, sei es in eine Kontaktfamilie, eine Grossfamilie oder in eine soziale Institution ist für das Kind oder die Jugendlichen ebenso eine ausserordentliche Situation wie für die Eltern. Die Erfolgschancen sind dann am grössten, wenn alle Beteiligten kooperieren. In jeden Fall sollte die Fremdplatzierung die letzte Massnahme und sehr gut geprüft sein. Ich habe Kinder und Jugendliche erlebt, die von der Trennung aus der Familie sehr gelitten haben, andere waren froh, endlich aus dem Familiensystem hinauszukönnen.
Leider wird über soziale Institutionen zu oft geschimpft. Die darin arbeitenden Personen sind darauf bedacht und dazu ausgebildet, das Bestmögliche für die Kinder und Jugendlichen zu tun. Das sollte besser anerkannt werden. Alles Gelingen kann aber nicht. Gesprochen wird fast ausschliesslich über junge Menschen, die sich nicht in ein System eingliedern lassen. Meine Erfahrung aus der Arbeit mit ca. 700 Kindern und Jugendlichen ist, dass sich der grössere Teil später in die sozialen Systeme eingliedert, ein unauffälliges Leben führt oder sich sogar beruflich in höhere Positionen aufarbeitet. Der Aufstieg aus einem sozial schwierigen Milieu (Broken Home), kann einen Menschen auch stärker und Belastbarer machen. Demgegenüber stehen Menschen, denen alles zu Füssen gelegt wurde und die in schwierigen Situationen erfahrungslos versagen.
Das fünfte Standbein eines Kindes ist die Gesellschaft:
„Die Gesellschaft“ ist ein übergeordneter Begriff, der vorerst nicht viel aussagt. Jede Familie, jedes Kind hat eine ihr eigene Abstammung. Sei es die Nation, die Hautfarbe, die Konfession oder das Geschlecht, alles ich massgeblich für das Gefühl einer Zugehörigkeit. Allen gleich ist, dass sie Menschen sind. Menschen mit denselben Bedürfnisse nach Liebe, Geborgenheit und Sicherheit. Leider ist die Intoleranz und Arroganz einzelner Menschen zu gross, als dass diese eine solche Tatsache akzeptieren könnten. Da wären Politiker und Politikerinnen, Religionsführer und Religionsführerinnen, vor allem aber erwachsene Menschen und Eltern zu mehr Verständnis und Respekt aufgefordert. Die Angst vor der Andersartigkeit von Menschen verhindert einen sorgfältigen Umgang. Ebenso die Angst etwas von seinem Besitz und Reichtum abgeben zu müssen. Vergessen wird zu oft, dass sich der Reichtum der Besitzenden in der Regel auf der Armut der Nichtbesitzenden aufbaut. Da wären die Gesellschaften gefordert für einen Ausgleich besorgt zu sein. Wer nichts hat, hat nichts zu verlieren. Das verführt zu unrechtmässigem Verhalten. Wenn nicht gegeben wird, wird geholt. Dieses Prinzip ist uns allen bestens bekannt. Solange es Kriege und Naturkatastrophen gibt, wird es Flüchtlinge geben. Die jetzt aktuellen Zahlen werden noch weiter zunehmen. Ablehnungen, Abschiebungen und Rückschiebungen wird die Probleme nicht lösen. Sie werden noch mehr Frustration und Aggressivität auslösen.
In diesem Sinne und Zusammenhang beneide ich die aktuelle Generation nicht. Wenn keine Hoffnung mehr besteht, geht alles auf ein tragisches Ende zu. Da kann auch Gewalt gegen Gewalt keine Lösung mehr sein. Wir Menschen müssen irgendwann begreifen, dass nur Gerechtigkeit und Nächstenliebe Grundlagen für eine friedliche Welt sein können. Und gerade in diesem Zusammenhang wären Politiker und Politikerinnen gefordert. Derzeit üben sie sich aber lieber darin sich parteienübergreifend zu diskreditieren, anstatt sich zuzuhören und sich in einer vernünftigen Mitte, zu einem Konsens zu treffen.
Zum Schluss ist jeder einzelne Mensch gefordert, der aktuellen Weltsituation mit offenen Augen Ohren und Herzen entgegenzusehen.